Forschungstaucherausbildung 2009 / 2010 in Chile

Anfrage von Dirk Schories an den FT-Ausbildungsbetrieb in Rostock im Sommer 2006:
"Wie gelingt es mir bei Taucheinsätzen in Chile (geplante Gastprofessur für 5 Jahre) gesetzlich unfallversichert zu arbeiten?"

Antwort:
"Bei Vorliegen aller dienstlichen Voraussetzungen (Beauftragung in Deutschland) kann auch im Ausland nur dann im Rahmen der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gearbeitet werden, wenn das Regelwerk (GUV-R 2112) beachtet wird, wo u.a. der Einsatz von FT-Gruppen (mind. 3 Forschungstaucher) gefordert wird."

Aktuelle Situation am vorgesehenen Einsatzort (Universidad de Austral Chile / Valdivia - UACH):
Es gibt keine deutschen Forschungstaucher!

Mögliche Wege:

  1. Import deutscher Forschungstaucher für die Taucheinsätze (zu teuer)
  2. Ausbildung chilenischer Studenten / Wissenschaftler zu Forschungstauchern entsprechend des europäischen Minimalstandards (ESD)
  3. Private Unfallversicherung

Forschungstaucherausbildung in Chile entsprechend ESD-Standard wäre nur mit personeller und materieller Unterstützung durch die Kommission Forschungstauchen Deutschland (KFT) möglich. Auf deren Jahrestagung im Dezember 2006 wurde die Idee präsentiert und diskutiert. Es wurde beschlossen, eine Expertengruppe zu entsenden, um vor Ort mit den zuständigen chilenischen Behörden aus Wissenschaft, Politik, Militär und der Hochschulleitung Kontakt aufzunehmen und ggf. Kooperationen aufzubauen. Diese Delegation bestehend aus dem Sprecher der KFT, dem Vorsitzenden der Prüfungskommission und einem Vertreter der Universität Rostock führte im März 2007 unterstützt durch Vertreter der UACH und finanziert vom Int. Büro des BMBF die notwendigen Gespräche in Chiles Hauptstadt, bei der chilenischen Marine (Servicio Hidrográfico y Oceanográfico de la Armada de Chile - SHOA) in Valparaiso und in Valdivia und konnte eine fast vorbehaltlose Befürwortung erreichen. Die deutsche Botschaft in Santiago de Chile sagte sogar die Übernahme der Schirmherrschaft der sich abzeichnenden Ausbildungskooperation zwischen Deutschland und Chile zu.

Insbesondere durch außergewöhnliches Engagement der Verantwortlichen vor Ort, durch materielle und finanzielle Unterstützung des BMBF, der DFG, deutscher Forschungstaucherausbildungsbetriebe und der DLRG (Bonn) gelang es, alle notwendigen Voraussetzungen für Forschungstaucherkurse an der UACH zu schaffen.

Die Ausbildungsmaßnahme begann im März 2008 mit der DLRG-Ausbildung (Stufe Silber). Durch Zwischentests und ein leistungsorientiertes Auswahlverfahren nahmen von den ursprünglich mehr als 40 chilenischen Bewerbern noch 10 die praktische Ausbildung mit Rostocker Unterstützung in Angriff, die im Januar 2009 abgeschlossen wurde. Die Prüfung (7x bestanden, 2x nur Theorieprüfung, 1x nicht bestanden) wurde geleitet durch Frank Werner, Vorsitzender der Prüfungskommission für Forschungstaucher der BG Bau.

Das gesamte Procedere wurde im Folgejahr (2010) wiederholt; weitere 8 Kursteilnehmer meisterten erfolgreich ihre Forschungstaucherprüfung. Praktische Ausbildung und Prüfungen fanden meist an Binnenseen im Süden Chiles statt. Die Taucheinsätze an diesen Orten muteten schon abenteuerlich an - nicht nur wegen der Entfernung zur "normalen" Zivilisation, sondern auch wegen einer (für europäische Verhältnisse) völlig neuen UW-Welt.

Mangels Verfügbarkeit eines Schwimmbades wurden Prüfungsübungen, die bspw. in Rostock im warmen Wasser der Neptunhalle stattfinden ins Freiwasser verlagert. Die Sicht war zwar auch gut, die Wassertemperatur lag aber beim halben Wert, welcher sonst im Sprungbecken gemessen wird:

Insgesamt gibt es damit jetzt 15 junge chilenische Wissenschaftler mit einer ESD-Zertifizierung. Damit sind gute Voraussetzungen gegeben, dass auch künftig in Anlehnung an den europäischen Standard weiter wissenschaftlich getaucht und ausgebildet werden wird. Das deutsche Engagement seitens der KFT, insbesondere durch die Universität Rostock wurde mit Beendigung der Aufenthaltsfinanzierung vorerst eingestellt.

Neben der erfolgreichen Ausbildung chilenischer Forschungstaucher gab es aber weitere sehr positive Effekte:

  • gemeinsame Entwicklung eines UW-GPS, welches seit 2009 auch während der FT-Lehrgänge in Chile und in Rostock eingesetzt wird. Das UW-GPS wurde auf der BOOT-2010 ausgestellt (bei Interesse: hier Flyerdownload)
  • Chilenisch-deutsches Kooperationsprojekt zur "Biodiversität antarktischer Lebensformen 2010-2012" (hier Nordmagazin-Bericht ansehen)